Modellprojekt Misteleindämmung Bissingen
Die Entwicklung der Mistel auf der Gemarkung nimmt in einem solchen Ausmaß in den vergangenen fünf Jahre zu, dass sich die Gemeinde derzeit mit unterschiedlichen Partnern inhaltlich mit einer ergänzenden Pflegekonzeption für die in sehr großen Teilen gemeindeeigenen Streuobstflächen, überwiegend in der Naturschutzgebiet-Teck-Kulisse (NSG-Teck), beschäftigt.
Dabei ist zu erwähnen, dass auf Gemarkung Bissingen rund 15.000 Streuobstbäume vorhanden sind. Ein erheblicher Teil dieser Bäume steht im gemeindlichen Eigentum. Die Befall-Bereiche der Mistel werden sowohl auf privaten-, als auch auf öffentlichen Flächen dabei immer mehr und mehr. Um dieser Entwicklung wenigstens ansatzmäßig zu begegnen, reichen die bisherigen Schnittmaßnahmen, die die Gemeinde in Kooperation mit dem Obst- und Gartenbauverein und dessen LOGL geprüften Obstbaumpflegern im Übrigen seit vielen Jahren mit erheblichem Aufwand durchführen, leider nicht mehr aus.
Die Gemeinde hat daher mit der Obst- und Gartenbaufachberatung des Landkreises sowie dem Landschaftserhaltungsverband bereits den Kontakt gesucht. Gleiches gilt für den örtlichen Obst- und Gartenbauverein mit den Herren Vorständen Thaler und Nägele, die sich mit seinen LOGL-geprüften Obstbaumpflegern und auch weiteren Kräften eine Unterstützung vorstellen können, da der Handlungsdruck erkannt wird.
Die Thematik ist dabei bekanntermaßen keine Bissinger Besonderheit und ist auch im Biosphärengebiet bekannt. Aus Sicht der Gemeindeverwaltung herrscht in allen Landesbereichen mit der Mistelproblematik keine Strategie zur flächenhaften Eindämmung vor. Daher wurden das Biosphärengebiet, der Landschaftserhaltungsverband sowie das Regierungspräsidium angefragt, in welcher Form der Entwicklung einer „Modellkonzeption“ am Beispiel von Bissingen an der Teck eine Unterstützung gewährt werden könnte.
Hier sind nicht zuletzt unter Verweis auf die zusätzlich geschaffenen gesetzlichen Schutzgrundlagen für Streuobstbestände, Bewirtschaftungsrestriktionen in NSG-Kulissen (beispielhaftes Stichwort: Verbot Pflanzenschutzmittel/Jungbäume/Schädlingsbefall während Aufwuchszeit etc.). zahlreiche Themen zu bedenken, angefangen bei einer Schnittkonzeption in Art und Umfang pro Jahr, über die Finanzierung und die Frage der „Arbeitskraft“ bis hin zu Genehmigungsfragen mit dem Regierungspräsidium aufgrund der Naturschutzgebietskulisse am Teckhang.
Dieses Thema bedarf somit des Zusammenwirkens einer Vielzahl von Akteuren seitens der öffentlichen Hand und im privaten Bereich, um langfristig die Mistelproblematik in den Griff zu bekommen.
Folgende Schritte sollen im Rahmen dieses Modellprojekts im Jahr 2022 vorgenommen werden:
- Bestandsaufnahme des Mistelbefalls in Streuobstbeständen der Gemeinde über ein abgeschichtetes Vorgehen, indem zunächst Schwerpunktbereiche des Mistelbefalls identifiziert werden. Dort erfolgt dann eine genauere Erfassung. Zudem werden Bäume außerhalb von Streuobstgebieten identifiziert, die stark zur Ausbreitung beitragen („Superspreader“).
- Einschätzung zur langfristigen Gefährdung von gesetzlich geschützten Streuobstbeständen bzw. Gefährdung der Zielsetzungen naturschutzfachlicher Ziele durch Mistelbefall. Hierfür werden Vitalitätsschätzungen unterschiedlicher Befallssituationen durchgeführt und unter Berücksichtigung einer Literaturauswertung Schadschwellen definiert.
- Erarbeitung von Lösungsansätzen zur Eindämmung des Mistelbefalls in Bezug auf unterschiedliche Befallsstärken bzw. Pflegestufen, Höhenstufen des Baumes, Zugänglichkeit, Besitzverhältnisse u.a.m., in enger Abstimmung mit der Gemeinde, dem Obst- und Gartenbauverein und der Obstbauberater.
- Beispielhafte Ermittlung von Kostenansätzen für das Entfernen von Misteln und Baumsanierung pro Einheit (z.B. Kategorisierung Befall/Aufwand, Ermittlung von Kostansatz je Kategorisierung oder Fläche).
- Aufzeigen von Fördermöglichkeiten zur Erhaltung der Streuobstbestände bei Befall von Misteln; gegebenenfalls Prüfung, ob Maßnahmen ökokontofähig sind.
- Juristische Prüfung von Möglichkeiten der Umsetzung/gegebenenfalls Anordnung von Mistelbekämpfung auf Flächen im Privateigentum.
- Recherche von Vermarktungsmöglichkeiten für Misteln (Marktpotential).
Nach Abschluss dieser oben genannten Untersuchungen sollen dann weitere Erkenntnisse vorliegen, wie eine dauerhafte Pflegekonzeption und das Schnittkonzept für die vielen tausend Bäume auf unserer Gemarkung aussehen wird. In dieser Art und Weise ist dies im Land Baden-Württemberg eine einmalige Vorgehensweise mit Modellcharakter.